Mein Weg zum Yoga

keine Liebe auf den ersten Blick

Hast du schon mal Yoga ausprobiert?
Hast du schon mal gedacht: 

“Dafür bin ich viel zu unflexibel”,

“Das ist mir zu wenig Sport”,

“Meditieren ist nichts für mich — meine Gedanken springen dafür immer zu viel hin und her”?

Sehr gut! Dann sind wir schonmal zwei. Auch wenn ich heute ein Zertifikat habe, das sagt “Yogalehrerin”, waren Yoga und ich keineswegs Liebe auf den ersten Blick. 

Unisport und Yogabuch

Meine allererste Yogastunde hatte ich vor über 10 Jahren beim Hochschulsport der Uni Hamburg und stellte sehr schnell fest: “Das ist nicht mein Sport”. Zu wenig Herausforderung, zu wenig Anstrengung, dafür zu viele Vorbeugen. Mit meinen verkürzten Beinrückseiten fühlte ich mich wie eine zu bissfeste Spaghetti auf dem Pastateller. Nach gefühlt hundert herabschauenden Hunden erklärte ich den Test für gescheitert und widmete mich lieber wieder dem Tanzen und Joggen. 

Einige Jahre später — mitten in der Examensvorbereitung — fiel mein Tunnelblick auf ein Yogabuch. Die einzelnen Positionen wurden mein körperlicher Ausgleich zur vielen Sitzerei und meine mentale Flucht aus der Jurawelt. Aber ganz unter uns: Yoga war für mich damals nicht mehr als ein bisschen dehnen und mal an etwas anderes denken. 

Yoga und Meditation in Bangkok

Nach meinem ersten Examen führte mich mein Referendariat nach Bangkok. Bei schwüler Luft in der Regenzeit und Abgasen in den Straßen, war Joggen keine ernsthafte Option und das einzige “Sportangebot” an der Botschaft war eine wöchentliche Yogaklasse, die ich gelegentlich besuchte. In einem kleinen Räumchen ohne Schnickschnack wurde mir in einer einbeinigen Verknotung meines Körpers klar, dass Yoga auch herausfordernd sein kann. 

Während die eher akrobatisch geprägten Yogaklassen wenig mit Spiritualität oder der dahinterstehenden Philosophie zu tun hatten, führte mich einer meiner wöchentlichen Streifzüge durch Bangkok in einen Tempel, der Meditationskurse anbietet. Kurzerhand nahm ich eine Stunde, auch wenn Motiviation eher die kulturelle Neugier einer Reisenden war. 

Wer nun die Geschichte von der großen Erleuchtung und dem spirituellen AHA-Erlebnis erwartest, wird enttäuscht sein. Ich zitiere an dieser Stelle einfach mal aus meinem Reiseblog: 

Habt ihr schon mal meditiert? Vor Bangkok wäre ich wohl kaum auf die Idee gekommen. Immerhin bin ich ein Mensch, der ständig Hummeln im Hintern hat, ständig was tun muss und wenn ich sitze, dann läuft zumindest das Gehirn wild herum. Als ich hörte, dass man in einem der Tempel in Bangkok gratis einen Meditationskurs besuchen kann, musste ich es natürlich doch mal ausprobieren, denn darum geht es doch beim Reisen. 

Die Lehrerin, die mich ein bisschen an meine Theaterregisseurin aus Schulzeiten erinnerte, gab mir netterweise eine Einzelstunde. Sie drückte mir ein Heftchen in die Hand – quasi eine Anleitung zum Meditieren – das sollte ich erstmal durchlesen, sie würde in einer dreiviertel Stunde wieder kommen. Puh. Man muss dazu sagen, dass ich es hasse, Anleitungen jeglicher Art durchzulesen. Technische Geräte werden so lange ausprobiert bis sie laufen, ich bin stolz darauf, IKEA-Möbelstücke ohne Anleitung zusammenbauen zu können und gekocht wird ohne Rezept. Aber ich las brav das Heft und danach ging’s los.

Die Lehrerin erklärte mir, dass ich ganz normal weiter atmen solle, aber dabei nur an das Einatmen und Ausatmen denken sollte. Danach wurde gelaufen: mit geschlossenen Augen drei Schritte vor, drehen, drei Schritte zurück. Ganz langsam. Und dabei immer nur das denken, was man gerade tut. Klingt simpel? Ich hatte damit echt Probleme. Als sie mir nach 5 Minuten sagte, ich solle das jetzt eine halbe Stunde weitermachen bekam ich beinah schon Panik. Aber ich zog es durch und schritt eine halbe Stunde auf und ab und dachte dabei immerzu “rechts – links – rechts- stehen – drehen – drehen – drehen – stehen – rechts – links…” Wahnsinn. Ich, Juristin, nicht gerade auf den Kopf gefallen und latscht eine halbe Stunde nur hin und her. Aber das sollte es noch nicht sein. Danach ging es im Schneidersitz weiter – und wieder durfte ich nur ans Atmen denken. Irgendwann schlief mein Fuß dermaßen heftig ein, dass er ganz taub wurde und ich es nicht mehr aushielt. Ich streckte die Beine aus und konnte mir kaum ein Stöhnen vor Schmerz verkneifen, als das Blut zurück in die Beine lief. 

Als ich mit meiner Einführungsstunde fertig war, war ich ehrlich durch. Es hat mich extrem viel Konzentration gekostet, nicht ständig an Gott und die Welt zu denken und irgendwie fühlte ich mich ein bisschen, als wäre mein Gehirn Waschmaschine gefahren. Ich glaube ein Guru werde ich nicht… 

Von Acroyoga zum Vinyasa Yoga

Ein Guru bin ich wahrlich immer noch nicht, doch ohne es so richtig zu bemerken, hatte sich Yoga in mein Leben geschlichen. Einige Wochen später erlebte ich auf Bali die erste “richtige” Yogastunde auf einem knarzenden Holzboden mit Blick ins Grüne und zurück in Deutschland richtete ich mir eine kleine Yogaecke ein. Einige Online Yogastunden später entdeckte ich beim Hamburger Yogafestival “Yoga Wasser Klang” eine neue Yogarichtung: “Acroyoga”. Als ehemalige Turnerin war das genau mein Ding. Einige Monate wurde das Center für Acroyoga mein zweites Zuhause. Ich steckte mittlerweile in der Vorbereitung für mein zweites Staatsexamen und konnte den Fokus bei nichts so gut vom Lernen weglenken, wie beim Überkopf-Balancieren auf den Händen der “Base”. 

Meine Leidenschaft für Yoga — jedenfalls dem körperlichen Aspekt — war geweckt. Ich probierte allerhand aus, von Aerial Yoga (in einem in der Luft hängenden Tuch), bis hin zu SUP Yoga und landete irgendwann über Poweryoga beim Vinyasa Yoga. 

Es gab nie den einen großen Wums, den “alles verändernden Moment” — vielmehr ein stetig wachsendes Gefühl, dass Yoga mehr als bloß die körperlichen Bewegungen ist. Mittlerweile bedeutet Yoga für mich vor allem das Zurruhekommen und in den Körper hinein spüren, eine Zeit ohne Ablenkung, mit Fokus nur auf mich. Ich habe immer noch einen riesen Spaß daran, neue herausfordernde Positionen auszuprobieren, aber je nach Situation und Emotion, fühlt sich auch eine Runde Pranayama (Atemübungen) oder YinYoga richtig an. Das ist das schöne am Yoga: es ist so vielseitig und bietet Übungen für jeden Bedarf. 

Übrigens: Den eingangs zitierten Gedanken zur Meditation habe ich auch heute noch regelmäßig. Der kleine Affe fühlt sich offenbar sehr wohl in meinem Kopf.

by Kate – Februar 2021

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